Berliner Politik in der Werkstatt

20. Juni 2023

Aus der Kreiszeitung / Böblinger Bote vom 19.06.2023

Mitten in der Diskussion über das Heizungsgesetz kommt der Böblinger FDP-Abgeordnete und Staatssekretär Florian Toncar nach Holzgerlingen zu einer Heizungsbaufirma. Im Werkstattgespräch saugt er auf, wo dem Handwerk der Schuh drückt – und gelobt Besserung.

HOLZGERLINGEN. Das Timing hätte kaum besser sein können. Gerade erst erzielte die Ampelkoalition einen Durchbruch beim hitzig diskutierten Heizungsgesetz. Am vergangenen Samstag stattete nun Florian Toncar (FDP), der als rechte Hand von Bundesfinanzminister Christian Lindner gesehen wird, der politischen Basis einen Besuch ab: Er war eingeladen zum Werkstattgespräch von Stribick Heizungsbau in Holzgerlingen. Ein hohes Regierungsmitglied stand also Rede und Antwort bei denen, die von seinen Gesetzen unmittelbar betroffen sein werden.

Heizungsgesetz

In der Werkhalle hing der Geruch von Heizöl,das für Betriebe wie diese noch immer existenziell wichtig ist, von dem die Regierung aber bekanntermaßen wegkommen will. „Ich muss meinem politischen Herzinfarkt doch Luft verschaffen“, sagte Initiatorin Edeltraud Stribick vor den gut 20 Teilnehmern, die zu Butterbrezeln und Kaffee gekommen waren.

Einen Staubsauger machte die Holzgerlinger Freie-Wähler-Stadträtin zum Motto: Der lief lautstark an und fing auf einmal an zu klopfen. „Das wünschen wir uns auch von Ihnen, Herr Toncar, dass Sie unsere Themen aufsaugen und in Berlin dafür trommeln.“ Der Liberale räumte ein, dass der erste Gesetzesentwurf zu weit an der Realität vorbeigegangen sei. Nun müsse bis 2028 zunächst eine kommunale Wärmeplanung erarbeitet werden, „bis dahin ist im Bestand alles möglich“. Außerdem blieben Holz und Biogas als regenerative Energiequellen voll erhalten, und nicht für jedes Haus komme eine Wärmepumpe infrage.

Asylpolitik

Obwohl man es anders hätte vermuten können, drehte sich die Diskussion überwiegend um soziale Themen, etwa die Flüchtlingsfrage. Hier sieht Toncar eine klare Überforderung der Kommunen. Gemeinsam mit anderen EU-Ländern sollen die Flüchtlingsströme künftig stärker geordnet und gesteuert werden –„zumindest in einem gewissen Kontingent“. Außerdem sei es ein Unding, dass nicht klar genug zwischen Asylbewerbern unterschieden werde, die wirklich hilfsbedürftig seien, und jenen, die auf den Arbeitsmarkt drängten. Toncar: „Hier müssen wir stärker trennen.“ Wer sich für eine Stelle qualifiziere, solle deutlich schneller in Lohn und Brot kommen, denn wie bisher viele Monate auf die Anerkennung seines Status zu warten.

Fachkräfte

Eine gezieltere Zuwanderung könne helfen, das derzeit wohl drängendste Problem vieler Betriebe zu lindern: den Fachkräftemangel. „Ich frage mich: Wo sind eigentlich die Leute hin, die wir vor Corona hatten?“, sagte Edeltraud Stribick. Genau die Frage habe Toncar kürzlich Experten im Finanzministerium gestellt – und eine verblüffende Antwort erhalten. „Wir haben zwar derzeit mit rund 46 Millionen Erwerbstätigen eine Rekordbeschäftigung, doch die Arbeitszeit pro Kopf sinkt.“ Der Trend zu mehr Arbeit in Teilzeit sei einer der Gründe, warum auf dem Arbeitsmarkt so viel Personal fehle. „Unser Arbeitsmarkt ist zu wenig elastisch“, sagte der FDP-Politiker. Es gebe zu wenig Leistungsanreize für die, die mehr arbeiten wollen. Klares Manko sei außerdem die schwierige Lage in der Kinderbetreuung, die viele Familie daran hindere, Arbeitszeit aufzustocken.

Ausbildung

Nicht zu übersehen sei, wie unattraktiv das Handwerk für viele Auszubildende sei, klagte einer der Anwesenden. Toncar allerdings bescheinigte dem Handwerk nach wie vor einen goldenen Boden: „Um all das zu schaffen,was wir uns allein im Gebäudesektor vorgenommen haben, müssen die dortigen Gewerke auf Jahrzehnte unter maximaler Auslastung fahren.“ Hier werde sehr viel Geld hineinfließen, sagte er voraus. Zumal es in der Wirtschaft zu Verschiebungen kommen dürfte: „Die Automobilindustrie ist ja gerade für diesen Standort hier wichtig.“ Doch durch die Elektrifizierung werden so manche Zulieferer sich umorientieren müssen, sagte er. Dann sei es denkbar, dass dem Arbeitsmarkt wieder mehr Fachkräfte zur Verfügung stünden und sich die Lage entspannt.

Schulpolitik

Eine weitere Wurzel des Übels identifizierte die Runde in der badenwürttembergischen Schulpolitik, die Haupt- und Realschulen „systematisch geschwächt“ habe, sagte Toncar. Viele Schüler drängten auf die Gymnasien, um es nach dem Abitur mit einem Studium zu versuchen. „Dabei leisten Real- und Hauptschulen den größten Beitrag für eine stabile gesellschaftliche Basis“, sagte er. Die Debatte müsse sich mehr um diese Schulformen drehen und zudem Leistungsanreize für Lehrer gesetzt werden.

Von Jan-Philipp Schlecht / Foto: Wolfgang Frank Eibner

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